In einer bewegten Zeit in dieser Stadt starten wir eine neue Ausstellungsreihe, die oqbo Auslagen.
Bei geschlossenen Räumen und abgesagten Ausstellungen bietet das Schaufenster in der Brunnenstraße eine Bühne für kleine künstlerische Inszenierungen.
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In einer bewegten Zeit in dieser Stadt starten wir eine neue Ausstellungsreihe, die oqbo Auslagen.
Bei geschlossenen Räumen und abgesagten Ausstellungen bietet das Schaufenster in der Brunnenstraße eine Bühne für kleine künstlerische Inszenierungen.
Den Anfang macht die Berliner Künstlerin Christiane Seiffert mit kleine Figurinen aus Ton, wobei das Wort Ton im Namen des Projektraums oqbo | raum für bild wort und ton eine ganz neue Bedeutung erfährt.
Als Bühne für die Wareninszenierung übte das Schaufenster immer schon eine enorme Anziehungskraft aus, nicht nur auf Passanten und Kauflustige, sondern auch auf Vertreter*innen aus Literatur, Kunst und Fotografie.
Schaufenster waren früher eines der wichtigsten Medien im Kampf um den Kunden. Mit ihrer vielgestalteten Auslage und ihrem Verprechen von Glück, waren sie ein fester Bestandteil des Corporate Designs und ein Erlebnis. Sie inspirierten und ließen die Menschen träumen.
Es etablierte sich eine bis dahin unbekannte Form des Flanierens und Schauens.
"Seit Jahrzehnten warte ich auf den schicksalshaften Moment, durch den ich quasi von selbst zu Reinigungsgeräten greifen würde, um dem Chaos rundherum ein Ende zu bereiten. Die Geburt der Tochter war kein solcher Moment, der Eintritt der Rente auch nicht. Seitdem habe ich allerdings morgens die Zeit, die Augen geschlossen zu halten und mir mich zu erklären. Sollte ich plötzlich sterben, geht das nicht, weil ich Tochter und Nichte das Chaos ja nicht hinterlassen kann. So tu ich noch ein Gutes und sterbe nicht. So gerne wäre ich eine Künstlerin, die nur in freigeräumten Freiräumen arbeiten kann. Seit einigen Wochen höre ich dauernd von Freundinnen, die endlich zum Fensterputzen kommen, von leeren Regalen, in denen sich Froschprodukte befanden und von den mindestens 30 Minuten Gymnastik täglich, zu denen man nun endlich kommt. Mein Blick schweift über den Laptop auf 3 Kilo Ton. Ich schiebe einen Platz auf dem Küchentisch frei und knete die leichteren Übungen, die auch ich hin und wieder auf die Matte lege. Nach drei Figuren ist das keine künstlerische Herausforderung mehr. Also schau ich auf dem Laptop Bilder von Yogaübungen an. Das Gesamtbild der Figuren gewinnt durch die unterschiedlichen Richtungen, in die Arme und Beine nun zeigen. Um die Figuren heil in die Galerie oqbo zu transportieren, leere ich Schuhkartons, in denen ich Briefe und Fotos schon mal gebündelt hatte, suche Geschirrtücher, Seidenpapier und Luftfolie zusammen, packe alle acht Tonsportler ein, meine Nachbarin bringt mich mit dem Auto in die Brunnenstraße." (Christiane Seiffert 2020)
Christiane Seiffert, geboren in Lübeck, studierte Musik in Bremen und Berlin; sie lebt und arbeitet in Berlin.
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