The Body of Drawing ist der Titel einer Ausstellungsreihe, die von Hanna Hennenkemper (Künstlerin, Berlin) und Ludwig Seyfarth (Kunsthistoriker, Autor und Kurator, Berlin) konzipiert wurde, um den aktuellen Diskurs zur zeitgenössischen Zeichnung weiter anzuregen und zu entwickeln. Dabei sollen auch andere Blickwinkel auf das breite Terrain der Zeichnung und des Zeichnerischen eingenommen werden als in landläufigen, zu oft einseitig von der "Linie" beherrschten Herangehensweisen.
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The Body of Drawing ist der Titel einer Ausstellungsreihe, die von Hanna Hennenkemper (Künstlerin, Berlin) und Ludwig Seyfarth (Kunsthistoriker, Autor und Kurator, Berlin) konzipiert wurde, um den aktuellen Diskurs zur zeitgenössischen Zeichnung weiter anzuregen und zu entwickeln. Dabei sollen auch andere Blickwinkel auf das breite Terrain der Zeichnung und des Zeichnerischen eingenommen werden als in landläufigen, zu oft einseitig von der "Linie" beherrschten Herangehensweisen.
Nicht zuletzt treten dabei künstlerische Positionen in den Fokus, die sich durch ein Interesse an Volumen und Körperlichkeit auszeichnen. Dies kann auf drei Ebenen erfolgen. Zum einen wird der Blick auf den "Körper" der Zeichnung gelenkt, der sich als materielle Verdichtung auf oder aus dem Bildträger heraus bildet. Andererseits verweisen die direkten Spuren der physischen Aktion auf den Körper der Künstlerin/ des Künstlers. Zudem kommt der menschliche Körper auch durch seine bildliche Darstellung ins Spiel. Der Titel der Reihe bezieht sich aber auch auf die Bedeutung von Body/Körper im Sinne von "Korpus", als Gesamtbestand einer Sammlung, die ein bestimmtes Terrain, z. B. das der Zeichnung, umfasst.
Körper / Bodies, die zweite Ausstellung dieser Reihe, bewegt sich im Spannungsfeld der drei beschriebenen "Körperlichkeiten". Das Spektrum reicht von der schemenhaften Spur bis zur akribisch naturalistischen Wiedergabe. Es ist ein ähnliches Spannungsfeld wie das zwischen zwei Polen, welche der italienische Schriftsteller Italo Calvino 1985 in seinen Sechs Vorschläge für das nächste Jahrtausend für die Sprache und die Literatur beschreiben hat. Calvino beobachtet "zwei gegensätzliche Bestrebungen," die "einander das Feld der Literatur durch die Jahrhunderte hindurch streitig machen. Die eine sucht aus der Sprache ein gewichtsloses Element zu machen, das über den Dingen schwebt wie eine Wolke oder besser gesagt wie ein feiner Staub oder noch besser wie ein Feld von Magnetimpulsen; die andere ist darauf aus, der Sprache das Gewicht, die Dichte und die Konkretheit der Dinge zu geben, die Konsistenz der Körper und Empfindungen."
Viele Werke von Friederike Feldmann könnte man auf den ersten Blick mit gestischer Zeichnung oder Malerei verwechseln. Was wie ein spontaner Pinselstrich aussieht, ist oft nur eine Leerstelle, um die sorgfältig herum gemalt wurde. Die Bilder der Serie "Creme" sind weder eindeutig als Malerei noch als Zeichnung einzuordnen. Die auf dem Nesselgrund hinterlassenen Spuren von Gouachefarbe setzen humorvoll das Bemalen und Beschmieren einer Leinwand mit dem Eincremen des Körpers in Beziehung.
Dagmara Gendas Zeichnungen gehen von Skulpturen der Renaissance und des Manierismus aus, deren Konturen und Volumina sie aus der Erinnerung oder von Fotografien ausgehend frei und fragmentarisch mit Pinsel und Tusche zu Papier bringt. Die teils abstrakt anmutenden Formen scheinen zu pornografischen Motiven zu mutieren, womit die Künstlerin auch auf in der Neuzeit verdrängte mythologische Traditionen anspielt.
Andrea Éva Györis Kunst ist von einer großen Bandbreite an Medien geprägt (Performance, Videos, Installationen, Skulptur, Zeichnung). Die Auseinandersetzung mit dem eigenen gesunden und kranken Körper und mit Vorstellungen von Weiblichkeit verbindet sich mit der Analyse zwischenmenschlicher Beziehungen und Machtverhältnisse, auch im privaten und familiären Bereich.
Das Zeichnen und das Drucken sind bei Hanna Hennenkemper körperliche Aktivitäten, die sich auch im Resultat im direkten Wortsinn "abzeichnen" sollen. Dabei spielt nicht nur der eigene Körper, sondern auch die Körperlichkeit der Dingwelt eine Rolle, die aber durch Übersetzungs- und Übertragungsprozesse eine fast surreale Verrätselung erfährt, was auch für die Muschelzeichnungen zu Martin Listers naturhistorischer Schrift Historiae conchyliorum (1685) gilt, die sie im Prozess ihres Zeichnens dekonstruiert und von innen heraus neu aufbaut.
In ihren Tuschezeichnungen, die bisweilen wandfüllende Formate annehmen, lässt Britta Lumer schemenhaft erkennbare Motive wie menschliche Körper und Gesichter sich wie verflüssigend auflösen, die Konturen vervielfältigen sich wie bei einer fotografischen Langzeitbelichtung. Das Motiv erscheint wie aus verschiedenen Perspektiven gleichzeitig betrachtet. Differenziert tariert die
Künstlerin das Verhältnis von Berührungsnähe und Distanz aus, wobei die Leichtigkeit und Transparenz auch an Bewegungsspuren auf einer Wasseroberfläche denken lassen kann.
Oliver Thie bezeichnet sein Vorgehen als "zeichnerische Forschung", die sich unter anderem mit wissenschaftlichen Verfahren zur Untersuchung von Organismen befasst. Er baut Versuchsanordnung und verwendet historische Apparate, um ausgehend von naturwissenschaftlichen Visualisierungstechniken neue künstlerische Vorgehensweisen zu entwickeln. Er selbst schreibt: "Das Auge wird zum Finger, der die Dinge pointiert betastet und ihnen ihre Beschaffenheit entlockt. Der Finger wird zum Auge, das wie in einer Art umgekehrtem Sehprozess Vermutungen vor sich hinprojiziert."
Die großformatigen Core-Drawings von Nicole Wendel suggerieren einen Raum von unbestimmter Tiefe, in dem sich eine luftige Substanz auszubreiten scheint. Es entsteht fast der Eindruck, als ob das Bild atmen würde. Die Analogie zur menschlichen Atmung ist nicht zufällig, denn das gesamte zeichnerische Werk der Künstlerin steht in engem Bezug zu körperlichen Vorgängen und Handlungen, die sie auch als Performerin ausführt. Die Zeichnungen zeigen einerseits spontane Abdrücke des Körpers, daneben feine Strichlagen, die bisweilen an Einritzungen in eine Radierplatte erinnern.
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The Body of Drawing # 1 - The Touch of Density findet noch bis zum 11. Juni 2020 im Drawing Room/Hamburg statt.
www.drawingroom-hamburg.com/