Marina Achenbach

Echoraum. Umbrüche 1998-2009

 

16. April 2010



Marina Achenbach


Marina Achenbach hat im Herbst 1989 angefangen, Reportagen zu schreiben und 1990 die Wochenzeitung Freitag mitbegründet. Seitdem begleitet sie in ihren Texten die Umwälzungen in Ost und West, auf dem Balkan und in ferneren Ländern. Sie findet die Suchenden und Selbstdenker an den Rändern der Meinungsströme und legt eine Spur eigenwilliger Weltwahrnehmung durch die vergangenen zwanzig Jahre. "Echoraum" ist eine Reise in die Geschichte der Wochenzeitung "Freitag" und damit der vergangenen zwanzig Jahre. Marina Achenbachs Reportagen erzählen vom Untergang der DDR, dem Zerfall Jugoslawiens, den neuen Kriegen seit 2001, von Streiks, Punks, Protesten gegen den G-8-Gipfel und vom Reisen. Sie fährt mit dem Zug durch Europa und trifft dabei auf Politiker, Künstler, Aussteiger und Menschen im Aufbruch. Marina Achenbach zeigt Hoffnungen, Zerwürfnisse und Wege der Linken in West und Ost seit 1989 auf. Anschaulich stellt sie dar, wie dramatisch sich die Welt in den letzten zwanzig Jahren gewandelt hat. Sie dokumentiert die Entstehung neuer Lebensentwürfe, begleitet geduldig gesellschaftliche Umbrüche und sieht dabei immer ganz genau hin. Dabei verschafft sie auf zärtliche und eindringliche Weise den Außenseitern und scheinbar Namenlosen Gehör, denen sie bei ihren Recherchen in der deutschen Provinz, auf dem Balkan, in Thailand oder der Türkei begegnet. Ihre Texte sind unmittelbar und liebevoll, spannender als jede Fiktion.

Andreas Platthaus in der Frankfurter Allgemeine Zeitung 30. Juli 2009:
Kunst des Wartens
"Nicht zu schnell fragen. Warten, was sich von allein zeigt." So steht es im Porträt zweier junger Erwachsener, die als Spätaussiedlerkinder nach Deutschland kamen. Marina Achenbach hat es vor sechs Jahren in der Wochenzeitung "Freitag" veröffentlicht, und diese beiden lapidaren Sätze sind ihr journalistisches Programm. Weil sie das betreibt, was man im doppelten Sinne teilnehmenden Journalismus nennen könnte: Sie nimmt selbst am Geschehen teil, das sie beschreibt, und sie lässt die Leser an diesem eigenen Erleben und somit den Bedingungen der Entstehung ihrer Texte teilhaben - es gibt nicht viele Publizisten, die sich auf diese Kunst verstehen. In dem Band "Echoraum" sind Artikel versammelt, die Marina Achenbach von 1989 bis 2008 geschrieben hat; besonders interessant sind ihre ersten Reportagen, aus der untergehenden DDR. Dort ist die 1939 in Zagreb geborene Journalistin aufgewachsen, ehe ihre deutsch-jugoslawische Familie 1957 in den Westen ging. Diese biographische Erfahrung spielt beim Blick auf Osteuropa eine wichtige Rolle, und Marina Achenbach macht keinen Hehl daraus, dass sie Parteigängerin ist: für die Linke, deren Selbstzerstörung sie betrauert. Man kann sich reiben an ihren Artikeln, aber jeder von ihnen ist ein Tor zu Welten, die oberflächlichen Beobachtern immer verschlossen bleiben werden - womöglich sogar noch in diesen spinnwebfeinen Textgeflechten, die auch eine teilnehmende Lektüre verlangen. Wird sie geleistet, ist der Lohn immens.
(Marina Achenbach / Echoraum. Umbrüche 1989 bis 2009 / Edition der Freitag / Berlin 2009)